Die eingemauerte Nonne

Aus Eisel: Sagen des Vogtlandes Nr. 928


In dem Nonnenkloster zu Weida wurde auf Befehl von Herzog Sigismunds Brüdern, dessen Geliebte, das schöne Fräulein von Lohma, lebendig eingemauert. Ihr Verbrechen war, dass sie als Nonne von Cronschwitz mit Herzog Sigismund, der ihr zuliebe Mönch in Mildenfurth geworden war, aus dem Kloster entwichen und ihm nach Weida gefolgt war.

Zur Sage von der eingemauerten Nonne: Frei nach Kirchenrat Dr. Rudolf Hermann, in: Geschichte der Stadt Weida, 1. Band, 5. Heft 1934.

Das Nonnenkloster in Weida, zwar kleiner und unbedeutender als die Klöster Mildenfurth und Cronschwitz, stand doch in enger Beziehung zu hoch stehenden und bedeutenden Persönlichkeiten. Nicht zu den letzteren, aber zu ersteren gehört der Wettiner Herzog Sigismund. Das, was seinen Namen mit dem Nonnenkloster in Verbindung bringt, ist – abgesehen davon, dass er ihm 1437 seine Freiheit von Leistungen an den Landesherren bestätigt – sagenhaft und jedenfalls wenig erfreulich:
Er soll mit einer Nonne aus dem Geschlecht derer von Lohma unerlaubte Beziehungen unterhalten und ihretwegen in den geistlichen Stand getreten sein. Später habe man die Nonne im Kloster lebendig eingemauert. Den geschichtlichen Kern dieser Sage herauszuschälen ist nicht ganz leicht. Herzog Sigismund, geboren 1416, ein Bruder des Kurfürsten Friedrich des Sanftmütigen und Herzog Wilhelm – zwischen denen der berüchtigte sächsische Bruderkrieg ausbrach – erhielt bei der ersten Landesteilung zwischen den drei Brüdern 1436 unter anderem auch Weida.
Er hat sich nachweisbar öfters auf der Osterburg aufgehalten. Bereits 1437 verzichtete er auf die Herrschaft, behielt sich nur einige Gebiete für seinen Lebensunterhalt vor, darunter Weida und ließ sich zum Priester weihen. 

Ganz offenbar stand das damit im Zusammenhang, dass er nach einem Bistum trachtete. Wirklich erhielt er auch 1440, 24 Jahre alt, das Bistum Würzburg. In der Zwischenzeit hatte er sich weiter in Weida aufgehalten und war, weil er gegen einen Bruder hinterhältige Umtriebe ins Werk setzte, von diesem gefangen gesetzt worden. Bereits 1443 wurde er in Würzburg wieder abgesetzt und nun vom Kurfürst Friedrich bis zu seinem Tode in Rochlitz gefangen gesetzt. Er muss ein recht haltloser und wankelmütiger Mann gewesen sein, der sich durch sein unkluges Verhalten alle Achtung verscherzte. Zu diesem Charakterbild passt schon das, was als geschichtlicher Kern der sagenhaften Überlieferung anerkannt werden muss: ein unerlaubtes Verhältnis.
In Eisels Sagen des Vogtlandes ist vermerkt, dass die von Lohma eine Cronschwitzer Nonne gewesen sei. Aber in Cronschwitz ist keine Nonne dieses Namens bekannt, während im Weidaer Kloster mehrere urkundlich bezeugt sind, insbesondere in der in Betracht kommenden Zeit (1436) eine Jutta von Lohma „die älteste“, woraus man schließt, dass es noch eine jüngere Nonne dieses Namens gegeben haben müsse.